Ein Geschäftsessen, Business Dining, in Deutschland ist weit mehr als ein kulinarisches Ereignis. Es ist ein
soziales Ritual, bei dem sich Professionalität, Respekt und kulturelles Feingefühl zeigen. Wer die deutsche Business-Etikette bei Tisch beherrscht, signalisiert Seriosität – wer sie missachtet, riskiert einen nachhaltigen Vertrauensverlust.
Pünktlichkeit als Visitenkarte
Zeit ist in Deutschland ein zentraler Wert. Das gilt auch für den Restaurantbesuch. Wer zu
spät kommt, sendet ein negatives Signal – selbst wenn es sich nur um wenige Minuten
handelt. Idealerweise trifft man fünf bis zehn Minuten vor dem vereinbarten Termin ein.
Sollte sich eine Verspätung nicht vermeiden lassen, ist eine kurze Entschuldigung per Telefon
oder Nachricht selbstverständlich.
Begrüßung und Platzwahl
Zur Begrüßung gehört ein fester, aber nicht übertriebener Händedruck, begleitet von direktem
Blickkontakt und einem kurzen Lächeln. Titel und Nachnamen werden verwendet, bis das
Gegenüber ausdrücklich das „Du“ anbietet.
Die Sitzordnung bestimmt in der Regel der Gastgeber. Es gilt als unhöflich, sich ungefragt zu
setzen. Erst wenn der Gastgeber Platz genommen hat oder einen entsprechenden Hinweis
gibt, darf man sich setzen.
Bestellung und Auftreten
Diskretion und Zurückhaltung sind Teil der deutschen Esskultur. Gäste wählen besser kein
Gericht aus der obersten Preiskategorie und vermeiden es, übermäßig teure Weine oder
Spezialitäten zu bestellen. Alkohol ist in Maßen akzeptabel – Bier oder ein Glas Wein sind
unproblematisch, zu viel jedoch ein Tabu. Wer keinen Alkohol trinkt, lehnt höflich ab, eine
Begründung („Ich fahre noch“) wird respektiert.
Geschäftliche Themen werden in der Regel nicht sofort angesprochen. Small Talk über
neutrale Themen – etwa Reisen, Kultur oder unverfängliche Beobachtungen – dient zunächst
dazu, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Erst nach dem Hauptgang oder beim Kaffee
lenkt der Gastgeber das Gespräch auf berufliche Angelegenheiten.
Tischkultur mit System
Deutsche Tischmanieren folgen klaren Konventionen:
Das Besteck bleibt während des Essens in den Händen – Gabel links, Messer rechts.
Arme liegen sichtbar auf dem Tisch, die Ellenbogen jedoch nicht.
Brot wird in kleine Stücke gebrochen, nicht geschnitten oder abgebissen.
Beim Anstoßen wird Blickkontakt gehalten – alles andere gilt als unaufmerksam oder gar unhöflich.
Die Serviette liegt auf dem Schoß, nicht im Kragen, und wird nach dem Essen locker links neben den Teller gelegt.
Das Mobiltelefon bleibt während des Essens ausgeschaltet oder außer Sichtweite. Ständiges
Blicken aufs Display wird als Desinteresse gewertet – ein Fauxpas, den man im deutschen
Geschäftsleben vermeiden sollte.
Die Rechnung – wer zahlt, zeigt Haltung
In Deutschland übernimmt üblicherweise derjenige die Rechnung, der eingeladen oder das
Treffen initiiert hat. Wenn der Kellner fragt, ob gemeinsam oder getrennt gezahlt wird, greift
der Gastgeber ein. Gäste sollten nicht darauf bestehen, ihren Anteil zu begleichen – das
könnte als Zurückweisung verstanden werden.
Ein Trinkgeld von fünf bis zehn Prozent gilt als angemessen. Es wird nicht auf dem Tisch
liegen gelassen, sondern direkt beim Bezahlen mit dem Gesamtbetrag genannt („Machen Sie
50 Euro, bitte“).
Typische Stolperfallen für internationale Gäste
Was in anderen Ländern als gesellig gilt, kann in Deutschland schnell als unprofessionell
wirken. Dazu zählen laute Gespräche, übertriebene Gestik oder das vorschnelle Ansprechen
geschäftlicher Themen. Auch übermäßiges Loben wird oft als unehrlich interpretiert.
Darüber hinaus sollte man heikle Themen wie Politik, Religion oder persönliche
Angelegenheiten vermeiden, solange kein Vertrauensverhältnis besteht.
Ein weiteres No-Go ist das Ablehnen eines Handschlags – selbst in Zeiten zunehmender
Internationalisierung bleibt er fester Bestandteil des deutschen Begrüßungsrituals.
Das Geschäftsessen in Deutschland ist ein feines Spiel aus Höflichkeit, Zurückhaltung und
Präzision. Es geht weniger um Perfektion als um Respekt gegenüber der Kultur des
Gegenübers. Wer pünktlich erscheint, aufmerksam zuhört, Maß hält und die stillen Regeln
beachtet, sendet eine klare Botschaft: Verlässlichkeit, Professionalität und kulturelles
Fingerspitzengefühl – Werte, die in der deutschen Geschäftswelt hoch im Kurs stehen.
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